Ror Wolf wurde am 29.6.1932 in Saalfeld/Thüringen geboren und starb am 17.2.2020 in Mainz. Nach dem Abitur 1951 war er zwei Jahre Betonbauer. Danach siedelte er in die Bundesrepublik über, studierte Literatur, Soziologie und Philosophie in Frankfurt am Main und Hamburg. Erste Veröffentlichungen erschienen ab 1957. Von 1959 bis 1961 war er Feuilletonredakteur der Frankfurter Studentenzeitung Diskus, von 1961 bis 1963 Literatur-Redakteur beim Hessischen Rundfunk. Seit 1963 arbeitete er als freier Schriftsteller. 1976 war er Writer in Residence an der University of Warwick/England und im Wintersemester 1977/78 Gastdozent für Literatur an der Gesamthochschule Siegen. Ror Wolf war Mitglied von P.E.N. Deutschland und der Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt. Seine Bücher erschienen unter anderem in der Frankfurter Verlagsanstalt, im Anabas- und im Schöffling-Verlag. Ror Wolfs Werk zeichnet sich aus durch die andauernde Wiederkehr der Katastrophen, die Darstellung des Abgrunds hinter alltäglichen Banalitäten sowie die Verschrobenheit und Karikatur seiner Figuren. Das Groteske und Absurde zwischen Scherz, Ironie und tieferer Bedeutung als wesentliche Merkmale der Wolf’schen Komik sind bereits in seinem ersten Buch Die Fortsetzung des Berichts aus dem Jahr 1964 angelegt. Die poetische Verarbeitung vermeintlich trivialer Stoffe wie in den Fußball-Collagen und -gedichten (Das nächste Spiel ist immer das schwerste, 1982) ist für diesen Humor ebenso kennzeichnend wie das Tranchieren der bürgerlichen Wissenskultur in den Lexikon-Parodien (Raoul Tranchirers vielseitiger großer Ratschläger für alle Fälle der Welt, 1983). Die Methodik von Schnitt und Montage prägt auch Ror Wolfs Hörspiele und sein grafisches Werk.

Begründung des Stiftungsrates

„Ror Wolf hat dem Grotesk-Komischen eine exemplarische und gültige Form verliehen. Sein literarisches und auch grafisches Werk, eine raffinierte Verbindung von Leichtigkeit, Schwermut, Spiel, Ernst, Skurrilität, Lust, Spaß und Entsetzen, gestaltet sich in ästhetischer Vollendung immer wieder neu. Es ist Ror Wolf damit unbestritten und auf einzigartige Weise gelungen, auf seine Leser so zu wirken, wie er es für sein Schaffen vorgesehen hatte: in der ganzen Breite vom Überraschen und Erschrecken über das Unterhalten und Verwirren bis zum Lachen und zum Anregen der Phantasie.“

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Pilzer und Pelzer. Eine Abenteuerserie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1967.
  • mein famili. Zwölf Moritaten und vier Collagen von Raoul Tranchirer. Gießen: Anabas 1968.
  • Danke schön. Nichts zu danken. Geschichten. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1969.
  • Die Gefährlichkeit der großen Ebene. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1976.
  • Hans Waldmanns Abenteuer. Sämtliche Moritaten von Raoul Tranchirer. Zürich: Haffmans 1985.
  • Mehrere Männer. Zweiundachtzig ziemlich kurze Geschichten, zwölf Collagen und eine längere Reise. Darmstadt/Neuwied: Luchterhand 1987.
  • Leben und Tod des Kornettisten Bix Beiderbecke aus Nord-Amerika. Stuttgart: Klett 1989.
  • Raoul Tranchirers Enzyklopädie für unerschrockene Leser & ihre überschaubaren Folgen 1983-2002. Essays & Kritiken, Reste aus dem Stichwortleben sowie 80 neue Bildcollagen. Frankfurt a.M.: Anabas 2002.
  • Zwei oder drei Jahre später. Siebenundvierzig Ausschweifungen. Frankfurt a.M.: Frankfurter Verlagsanstalt 2003.
  • Raoul Tranchirers Bemerkungen über die Stille. Frankfurt a.M.: Schöffling 2005.
  • Pfeifers Reisen. Gedichte. Frankfurt a.M.: Schöffling 2007.
  • Die Vorzüge der Dunkelheit. Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen. Horrorroman. Frankfurt a.M.: Schöffling 2012.
  • Raoul Tranchirers Notizen aus dem zerschnetzelten Leben. Frankfurt a.M.: Schöffling 2014.
  • Die plötzlich hereinkriechende Kälte im Dezember. Gedichte. Frankfurt a.M.: Schöffling 2015.
  • Die Gedichte. Frankfurt a.M.: Schöffling 2017.
  • Alles andre: ungewiß. Gedichte. Schöffling 2020.
  • Die unterschiedlichen Folgen der Phantasie. Tagebuch 1966–1996. Herausgegeben von Klaus Schöffling, Schöffling & Co. 2022.