Wilhelm Genazino (1943-2018) arbeitete zunächst als freier Journalist, dann als Redakteur bei verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem bis 1971 bei Pardon. Von 1980 bis 1986 wirkte er als Mitherausgeber der Zeitschrift Lesezeichen. Von Wilhelm Genazino erschienen Romane, Hörspiele, Theaterstücke und Essays.
Sein erster Roman Laslinstraße kam 1965 heraus. Einem größeren Publikum wurde er mit seiner ab 1977 veröffentlichten Abschaffel-Trilogie bekannt, die die Wahrnehmungswelt eines Angestellten auf scharfsinnige, witzige und böse Art entfaltet. In 2012 erschien Idyllen in der Halbnatur: Der Autor erzählt, wie er schreibt, wie er zum Schreiben kam und warum die Welt so merkwürdig und ohne Bücher kaum auszuhalten ist. 2010 produzierte der Hessische Rundfunk ein großes Autorenportrait als Hörspiel mit dem Titel Genazinos Museum, dessen Regisseurin Marlene Breuer dem Kasseler Preisträger die Laudatio hielt.
Wilhelm Genazino war Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und des PEN-Zentrum der Bundesrepublik Deutschland. Er wurde mit vielen Preisen bedacht, unter anderem mit dem Kleist-Preis und der bedeutendsten Auszeichnung für deutschsprachige Literatur, dem Georg-Büchner-Preis.

Begründung des Stiftungsrates


Der Preis ehrt einen Autor, dessen Werk, zugleich gesellschaftskritisch und poetisch, als hervorragendes Beispiel literarischer Komik zu gelten hat. Wilhelm Genazinos ironische Erzählprosa beobachtet so heiter wie melancholisch, zu welchen Zumutungen Arbeit, Liebe, Alter, Körper oder auch Kunst durch Fremdbestimmung werden. Darüber hinaus haben diese Texte mit ihrer feinsinnigen und makellosen Sprache die Kraft der Verwandlung: Sie transformieren das Unzulängliche, das Peinliche oder die Langeweile subtil zur inneren Erfahrung einer komischen Empfindung. Das ist die Magie in Wilhelm Genazinos literarischer Schule der Besänftigung. Hier unterrichtet er uns bezauberte Leser meisterhaft in seinen Fächern Existenzkunst, Enttäuschungspraxis, Sehnsuchtsabbau, Fremdheitsüberlistung und Hoffnungsclownerie.“

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Die Liebesblödigkeit. Roman. München: Hanser 2005.
  • Mittelmäßiges Heimweh. München: Hanser 2007.
  • Das Glück in glücksfernen Zeiten. Roman. München: Hanser 2009.
  • Wenn wir Tiere wären. Roman. München: Hanser 2011.
  • Idyllen in der Halbnatur. München: Hanser 2012.
  • Tarzan am Main. Spaziergänge in der Mitte Deutschlands. München: Hanser 2013.
  • Bei Regen im Saal. Roman. München: Hanser 2014.
  • Außer uns spricht niemand über uns. Roman. München: Hanser 2016.
  • Kein Geld, keine Uhr, keine Mütze. Roman. München: Hanser 2018.